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Bedingt alarmbereit

Freiwillige Feuerwehrleute retten Leben. Doch nicht jeder Arbeitgeber hat Verständnis, wenn seine Mitarbeiter wegen ihres Ehrenamts die Arbeit liegen lassen und in den Einsatz eilen.

Sie retten Leben – sofern ihr Arbeitgeber ihnen Zeit dafür gibt. Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren in Stadt und Umland bekommen zunehmend zu spüren, dass ihr Ehrenamt bei Vorgesetzten am Arbeitsplatz auf wenig Verständnis stößt. Für manche Arbeitgeber ist es keine Selbstverständlichkeit, dass ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in den Einsatz eilen darf, wenn der Pieper geht. „Das Thema wird unter den Teppich gekehrt. Niemand spricht gern darüber“, sagt Bernd Keitel, Vorsitzender der Feuerwehrverbandes in der Region Hannover. Am Sonnabend soll das nun geschehen. Hannovers Oberbürgermeister und Feuerwehrdezernent Stephan Weil wird auf dem Empfang des Feuerwehrverbandes über die „Zukunft der Feuerwehren in Niedersachsen“ sprechen – unter Berücksichtigung der Problematik „Ehrenamt und Freistellung durch die Arbeitgeber“. „Die Kommunen müssen noch stärker als bisher die Arbeitgeber für die Sache der Freiwilligen Feuerwehren begeistern“, sagt Weil. Thomas Extra von der Gemeindefeuerwehr Isernhagen kennt das Problem gut. Erst in der Nacht zu Montag mussten die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wieder ausrücken. Stundenlang und bis in die frühen Morgenstunden kämpften sie auf einem Acker gegen die Flammen. Ein Brandstifter hatte dort rund 120 Strohballen in Brand gesetzt. „Um 3.30 Uhr waren wir mit dem Löscheinsatz durch, dann kam die Nachbereitung im Gerätehaus. Danach ist man einfach nur kaputt und will schlafen – aber nicht an den Arbeitsplatz“, sagt Extra. Allerdings sei nicht jeder Arbeitgeber bereit, zu tolerieren, dass Beschäftigte nicht erscheinen, weil sie sich die Nacht im Dienst für die Allgemeinheit um die Ohren geschlagen haben. Eigentlich sind Firmen und Unternehmen dazu verpflichtet. Die Lohnkosten für die ausgefallenen Mitarbeiter übernimmt die Kommune. „Es gibt auch sehr vorbildliche Firmen, die ihre Mitarbeiter gern freistellen, auch für Fortbildungen an der Feuerwehrschule“, sagt der Verbandsvorsitzende Keitel. Manche Unternehmen lehnen sogar ab, dass die Gemeinde ihnen das Geld für die ausgefallenen Arbeitsstunden überweist. Besonders vorbildlichen Arbeitgebern verleiht der Feuerwehrverband seit einigen Jahren die Auszeichnung „Partner der Feuerwehr“. Seit dem Jahr 2000 haben in der Region Hannover zehn Unternehmen die Plakette erhalten, darunter die Deutsche Messe AG. Wie viele freiwillige Feuerwehrleute wegen ihres Ehrenamts am Arbeitsplatz unter Druck geraten, darüber liegen dem Feuerwehrverband keine Zahlen vor. Die betroffenen freiwilligen Feuerwehrleute redeten nicht gern laut über diese Schwierigkeiten, berichtet der Verbandsvorsitzende. „Offiziell wissen wir von keinem einzigen Feuerwehrkollegen, der diese Probleme am Arbeitsplatz hat“, sagt Keitel. Und was könnte der Verband auch schon tun? Den betreffenden Arbeitgeber direkt ansprechen und um mehr Verständnis bitten? Dadurch werde nur riskiert, dass der Unmut noch zunimmt. „Die Leute haben Angst um ihren Job“, sagt Keitel. Dabei hat der Vorsitzende des Feuerwehrverbands durchaus für die andere Seite Verständnis. „Natürlich kann ein Betrieb, der termingebunden produziert, seinen Kunden nicht dauernd sagen, dass die Lieferungen ausfallen, weil die Mitarbeiter im Feuerwehreinsatz sind.“ So schaffen freiwillige Feuerwehrleute eigene Lösungen, um das Ehrenamt als Lebensretter und den Beruf unter einen Hut zu bekommen. Viele haben sich bei ihren Ortsfeuerwehren für Einsätze während des Tages abgemeldet, sind aber bereit, am Wochenende oder zu nächtlicher Stunde loszulegen, wenn die Sirenen heulen – und dennoch am nächsten Morgen pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Auf den Autobahnen schneiden sie Verletzte aus Unfallwracks, auf den Feldern löschen sie brennende Strohballen, und unter Atemschutz dringen sie in brennende Gebäude ein, um sicher zu gehen, dass sich niemand mehr in den Räumen befindet. „Aber es ist eben nicht jedem ganz klar, welch wichtigen Beitrag Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr leisten“, sagt Thomas Extra von der Gemeindefeuerwehr Isernhagen. Mehr Informationen zum ehrenamtlichen Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr unter www.das-ist-doch-ehrensache.de.

Weitere Informationen

  • Quelle: HAZ, 31.10.2012
  • Von: Vivien-Marie Drews
Gelesen 1035 mal Letzte Änderung am Dienstag, 19. Februar 2013 11:28

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