Um kurz nach 19.00 Uhr erfolgte die Alarmierung der Einsatzkräfte mit dem Alarmstichwort „hm1 - VU PKW, 2 Personen vermutlich eingeklemmt“ auf den Notfallbehandlungsplatz des Rangierbahnhofes in der Kanalstraße. Nach der Anfahrt mit Sonder- und Wegerechten zur Einsatzstelle, wurde umgehend mit dem Erkunden des Unfallortes begonnen.
Anders als in dem Alarmstichwort beschrieben, stellte sich die Lage vor Ort als ein Unfall mit Gefahrgut und Menschengefährdung heraus.
Ein PKW war samt Anhänger verunfallt, aus einem Rohrleitungssystem mit einigen Leckagen drang ein zunächst unbekannter Stoff aus. Ferner konnte Flüssigkeitsaustritt aus dem verunfallten Anhänger festgestellt werden. Zudem befand sich unmittelbar am Unfallort zwei verletzte Personen, welche sich nicht selbst retten konnten.
Unmittelbar nach dem Erkunden der Einsatzstelle, wurde der Gefahrenbereich (etwa 50 Meter um die Unfallstelle herum) abgesperrt und weitere 50 Meter weiter die Absperrgrenze festgelegt.
Unverzüglich rüstete sich der Angriffstrupp vom Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 20/16 [HLF 20/16] zur Menschenrettung aus, ein zweiter Trupp bereitete sich als Sicherheitstrupp mit gleichwertiger Ausrüstung vor.
An der Absperrgrenze zum Gefahrenbereich wurde zeitgleich eine Sofort-Dekontamination errichtet und personell besetzt.
Bestehend aus Schutzkleidung der Körperschutz Form 1 (Schutzbekleidung zur Brandbekämpfung, umluftunabhängigem Atemschutzgerät und Kontaminationsschutzhaube), ging der Angriffstrupp des HLF zur Menschenrettung an die Unfallstelle vor. Schnell gelang es, die verunfallten Personen zu retten und an der Sofort-Dekontamination grob zu säubern. Kurze Zeit später konnten die Unfallopfer zur weiteren Betreuung und Versorgung an den Rettungsdienst übergeben werden.
Unterdessen wurde an der Absperrgrenze zum Gefahrenbereich der Brandschutz durch einen Löschangriff, bestehend aus Wasser und Schaummittel, sichergestellt.
Durch den Einsatzleiter wurden zwei Einsatzabschnitte mit den dazu gehörigen Einsatzabschnittsleitern gebildet; Gefahrenabwehr und Dekontamination.
Um nähere Details zum verunfallten Gefahrgut erlangen zu können, rüsteten sich Trupps für den Einsatzabschnitt Gefahrenabwehr aus. Dabei wurde die Körperschutz Form 3 (Chemikalienschutzanzug [CSA] zum Schutz gegen Kontamination mit festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen) gewählt. Wiederum weitere, zahlreiche Einsatzkräfte im Einsatzabschnitt Dekontamination, richteten einen Dekontaminationsplatz nach den Regeln der Standard-Dekontamination ein.
Mit Chemikalienschutzanzügen der Körperschutz Form 3 ging nun ein Trupp, später ein zweiter Trupp, zur weiteren Erkundung an die Unfallstelle vor. Mitgeführt wurden zudem Kunststoffwannen, faltbare Auffangbehälter und verschiedene Einsatzmittel zum Abdichten von Leckagen. Am Unfallort eingetroffen, wurde auslaufendes Medium aus den Rohrleitungen und aus dem Anhänger mithilfe der Kunststoffwannen und Auffangbehältern aufgefangen, um ein weiteres Ausbreiten des Gefahrstoffs durch Auslaufen zu verhindern. Anhand von verschiedenen Gefahrgutkennzeichnungen, welche im Rahmen der Erkundung gefunden werden konnten, gelang es, den austretenden Stoff nach Recherche im Einsatzleitwagen, zu bestimmen. Zahlreiche Maßnahmen zum Abdichten von Undichtigkeiten brachten sichtbaren Erfolg. Zudem wurde der verunfallte Anhänger des PKW vorsichtig geöffnet. Im Inneren des Anhängers befand sich auf der Ladefläche ein beschädigter IBC [Intermediate Bulk Container], welcher ebenfalls abgedichtet werden konnte.
Nach dem Einsatz der Trupps im Chemikalienschutzanzug, erfolgte am Dekontaminationsplatz die Dekontamination der eingesetzten Kräfte, die Übung des Gefahrgutzuges der Stadt Seelze war beendet.
Zeitintensive Übungen wie diese, sind in regelmäßigen Abständen ein wichtiges Element im Rahmen der Aus- und Fortbildung, um Handlungssicherheit zu erlangen bzw. zu festigen. Auch die reibungslose Zusammenarbeit der beteiligten Ortsfeuerwehren, hat bei Gefahrgutübungen eine sehr hohe Priorität, damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Und weil die freiwilligen Feuerwehren allzeit einsatzbereit sind, wurde während des Übungsgeschehens noch ein Real-Einsatz abgearbeitet. Die Ortsfeuerwehr Seelze wurde zu einer hilflosen Person hinter verschlossener Tür alarmiert (Einsatz Nr. 54). Sofort wurde ein Löschfahrzeug aus dem Übungsgeschehen herausgelöst, mit Einsatzkräften besetzt und zur Einsatzstelle abgerückt. Dabei bestand die Besatzung des Fahrzeuges aus Kameradinnen und Kameraden aus den drei Ortsfeuerwehren Seelze, Almhorst und Letter, spontan muss man sein!
Erschienen zusätzlich in der UMSCHAU am 25.05.2024