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Noch viel mehr als „Retten, Löschen, Bergen, Schützen“

Weit mehr als Feuerlöschen: Die Jugendfeuerwehr Seelze feiert in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Die Kinderfeuerwehr existiert seit zehn Jahren. Weit mehr als Feuerlöschen: Die Jugendfeuerwehr Seelze feiert in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Die Kinderfeuerwehr existiert seit zehn Jahren. Jugendfeuerwehr Seelze

Eine Erfolgsgeschichte: Die Jugendfeuerwehr Seelze feiert 60-jähriges Bestehen

Martinshörner schrillen, Blaulichter flackern, feuerrote Einsatzfahrzeuge eilen durch Seelze. Kinder blicken ihnen mit strahlenden Augen und klopfenden Herzen nach. „Ich will Feuerwehrmann werden!“ Davon träumten schon vor 60 Jahren die Jüngsten. Wenn die Jugendfeuerwehr Seelze in diesem Jahr die sechs Jahrzehnte ihres Bestehens feiert, ist das der Beweis, dass Engagement und Gemeinschaft auch heute eine starke Kraft sind – selbst gegen TikTok-Lethargie, Vereinsschwund und die bequeme Couch.

Jugendfeuerwehr entfacht Begeisterung

1965 gegründet, war die Seelzer Jugendfeuerwehr von Anfang an ein Versprechen: auf Verantwortung, Zusammenhalt und gemeinschaftlichen Spaß. Lag früher der Fokus auf den technischen Übungen, ist heute das Programm breiter, lebensnäher, sinnstiftender. Neben der feuerwehrtechnischen Ausbildung gehören Sport, Spiel, Zeltlager und Umweltaktionen fest dazu. Wer mitmacht, lernt Technik und Teamgeist, Helfen und echte Freundschaft. Woche für Woche. Unter anderem jeden Mittwochabend von 18 bis 20 Uhr.

Mittlerweile ist die Jugendfeuerwehr nicht mehr allein. Seit 2015 hat sie eine kleine Schwester, die Kinderfeuerwehr. Hier treffen sich Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zehn Jahren an der Feuerwache. Sie basteln, spielen, rennen, forschen. Blaulicht? Das blinkt noch nicht. Das Feuer fängt innen an. Der Funke springt beim Spielen, Basteln und Gemeinschaft erleben über.

60 Jahre Jugendfeuerwehr, zehn Jahre Kinderfeuerwehr. Viele sind geblieben. Erst als Kinder und Jugendliche. Dann als aktive Feuerwehrleute. Oder später als Betreuer. Einer von ihnen ist Marcel Klose (29). Mit zehn Jahren in die Jugendfeuerwehr eingetreten, mit 18 Jahren Betreuer, seit 2021 Jugendfeuerwehrwart. „Das Schönste ist, wenn man beim Einsatz hinten in den Wagen schaut und in die Gesichter derer blickt, die man bereits als Kinder kennengelernt hat“, sagt er.

Einsatzort: Kindheit

Wer hier mitmache, wachse – auch als Persönlichkeit, sagt Klose. Verantwortung übernehmen, Disziplin, Verlässlichkeit, Respekt – die Kinder und Jugendlichen lebten und erlebten diese Werte. In jeder Übung, in jedem Zeltlager, in jeder Diskussion um den perfekten Schlauchanschluss, sagt Klose. Kinder und Jugendliche lernten ihren Ort kennen und seien Seelze stärker verbunden, davon ist der Jugendfeuerwehrwart überzeugt. „Wir wollen die Identifikation mit der Feuerwehr und auch mit Seelze stärken“, erklärt Klose. „Wir wissen, wie man hilft und leben Werte, die im Leben wirklich zählen.“

Wer beim Zeltlager abends am Lagerfeuer sitzt, weiß, was das bedeutet. Wer bei Wettbewerben nicht gegen Feuer, sondern die Zeit kämpft, weiß, was Teamwork heißt. Wer die Leistungsspange anstrebt – die höchste Auszeichnung der Deutschen Jugendfeuerwehr – erlebt, wie aus Ehrgeiz Stolz wird. Gefordert werde nicht nur Fachwissen, sondern auch Ausdauer, Teamfähigkeit, Auftreten. „Fitness, Theorie und Praxis sind die drei starken Säulen in der Jugendfeuerwehr“, betont Klose. Wer die Leistungsspange bestehe, habe beste Voraussetzungen für den Wechsel in die Einsatzabteilung der Großen.

Wenn andere chillen, sind sie „in action“

Das 60-jährige Bestehen der Jugendfeuerwehr wird keine Retro-Show, sondern ein Blick nach vorn. Die Feuerwehr versteht sich nicht als ein Traditionsverein mit hübschen Uniformen. Die Jugendlichen haben ihren eigenen Container, den sie selbst mitgestalten. „Die Mädchen haben in ihrem Teil sogar einen großen Spiegel“, sagt Klose und lacht. Es sind diese kleinen Geschichten, die zeigen, wie sehr sich die Feuerwehr den Bedürfnissen der jungen Menschen anpasst.

Was in Seelze auffällt, ist die Vielfalt. Immer mehr Mädchen machen mit. Unter anderem seien Kinder und Jugendliche aus Marokko, der Türkei, der Ukraine oder Spanien dabei, sagt Klose. Hier sei die freiwillige Feuerwehr nicht irgendein „deutsches Ding“, sondern vor allem ein menschliches, sagt Klose. Es gehören diejenigen dazu, die mit anpacken. Was zähle, ist das, was sie tun – nicht, woher jemand kommt, erklärt der Jugendfeuerwehrwart.

18 Jugendliche sind aktuell aktiv, einst waren es mal 40. Das liege unter anderem am veränderten Freizeitverhalten, der sinkenden Zahl junger Menschen, der Konkurrenz durch Smartphone & Co., glaubt Klose. „Trotzdem ist es unser Ziel, noch mehr Jugendliche zu begeistern – auch wenn die alten Rekorde schwer zu erreichen sind.“

Dafür ist die Feuerwehr nicht nur bei Einsätzen präsent. Seelzer treffen den Feuerwehrnachwuchs bei Festen und Laternenumzügen. Die Feuerwehr besucht Schulen und Kindergärten, sie ist auf Plattformen im Internet sichtbar. Auf Instagram hat die Jugendfeuerwehr mehr als 1.000 Follower. Sehr sichtbar haben die Kinder- und Jugendfeuerwehr am vorletzten Juniwochenende ihre runden Jahreszahlen „gefeiert”: Mitten in der Stadt mit einem Orientierungslauf für alle Nachwuchseinheiten der Stadtfeuerwehr Seelze, zusammen etwa 100 Kinder und Jugendliche in 15 Teams. An den Stationen ging es um das, worauf die Betreuer Wert legen: als Team gut funktionieren. „60 Jahre Jugendfeuerwehr, das sind viele Hände. Viele Herzen. Viele gemeinschaftliche Erlebnisse. Eine Geschichte, die hoffentlich noch lange weitergeht“, sagt Klose. Und es ist eine Geschichte, die manchmal mit einem Bastelbogen beginnt.

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Werte lehren: Jugendfeuerwehrwart Marcel Klose steht in der Tür zum Container der Jugendfeuerwehr Seelze.
Bildquelle: Norbert Bödecker

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Weitere Informationen

  • Quelle: HAZ Seelze, 24.07.2025
  • Von: Norbert Bödecker
Gelesen 206 mal Letzte Änderung am Freitag, 25. Juli 2025 09:13